Erfahrungsbericht Indien

… 7 Monate bunte Farben

… 7 Monate unvorstellbarer Verkehr mit Taxis, Autos, Motorrädern, Rikshas, Kühen, ...

… 7 Monate, in denen man immer mal wieder viel Geduld brauchte

… 7 Monate, in denen Zeit keine Rolle spielte

… 7 Monate mit viel Tanz und Musik

… 7 Monate lange Zug- und Busfahrten (längste Zugfahrt: 24 Stunden)

… 7 Monate scharfes, sehr leckeres Essen

… 7 Monate Reis =)

… 7 Monate, in denen Stromausfall zur Normalität wurde

… 7 Monate, in denen Arm und Reich in direkter Nachbarschaft lagen

… 7 Monate immer jemand da, der einem geholfen hat

… 7 Monate Erfahrungen, die unbeschreiblich sind

… 7 Monate INDIEN

… 7 Monate eine zweite Heimat bei den Claretinern

 

Angefangen hat alles für Clara (meine Mitfreiwillige) und mich in Zürich am Flughafen, wo ich sie zum zweiten Mal getroffen habe. Nach einem 8-stündigen Flug in Mumbai angekommen, blieb der „Kulturschock“ eigentlich aus und wir fühlten uns vom ersten Augenblick an wohl und hatten kaum Probleme, uns zurecht zu finden oder mit überfüllten Zügen/Bussen zu fahren, was nicht zuletzt daran lag, dass immer ein freundlicher Inder zur Stelle war, der uns immer angesehen hat, dass wir keine Ahnung hatten, wo wir hin mussten bzw. wie man überhaupt Tickets kauft.

Nach einer Woche Eingewöhnungszeit ging es dann 24 Std. mit dem Zug Richtung Bangalore zu den Claretinern, wo wir sehr herzlich aufgenommen wurden und uns auch gleich sehr aufgehoben fühlten. Bangalore sollte aber auch erstmal nur eine Zwischenstation werden, denn schließlich wollten wir endlich in unser Projekt. Unser erstes Projekt sollte „Mukti“ (=Erlösung) werden, das in dem Bundesstaat Andhra Pradesh liegt (d. h. 12 Std. Busfahrt) und noch in den Kinderschuhen steckt. Wir wussten nicht viel über das Projekt, außer dass es ein Internat für sehr sehr arme Kinder ist, die kein od. kaum Englisch können. Wir hatten schon unsere Zweifel, ob es funktionieren wird, aber diese Zweifel haben sich bereits am ersten Abend in Luft aufgelöst und auch die Tatsache, dass um uns herum eigentlich nur Reisfelder und immer mal wieder ein paar Strohhütten waren, wurde durch die Anwesenheit der Jungs und Mädels zur Nebensache. Wie es mit der Kommunikation klappte? Mit Händen und Füßen, ein bisschen Englischunterricht und immer mal wieder einer kleinen Streicheleinheit. Wenn man die Kinder nachmittags mit ihren Murmeln (ihr größter Schatz) spielen sah, vergaß man auch, dass sie auf dem Boden schlafen, keine Schulbänke oder richtige Kleidung für Regentage haben bzw. bei über 40 Grad Hitze ohne Ventilatoren lernen müssen und dreimal täglich Reis ohne Gemüse bekommen und das aber immer noch mehr ist, als sie in ihren Dörfern bei ihren Familien bekommen würden. Und so verbrachten wir zwei wunderschöne Monate mit den 200 Jungs und Mädels, zwei Claretiner Patern, vier Ordensschwestern und einem Priesteramtskandidat mit Bildern, Eindrücken und Erlebnissen, die einfach unbeschreiblich sind.

Anfang Dezember ging es dann aber wieder zurück nach Bangalore in unser zweites Projekt Sumanahalli (=Village of peope of good heart). Und dieses Projekt ist wirklich; wie ein kleines Dorf, das sich aus lauter kleinen Projekten zusammenschließt. Zum einen gibt es das Ave Maria, ein Haus für Leprakranke jeglichen Alters, das Support, ein Hause für AIDS-Patienten, drei Kinderheime, eine Schule und Werkstätten für die Patienten und Bewohner des auch sehr ärmlichen Stadtteils von Bangalore. Geschlafen, gegessen und gelebt haben wir zusammen mit den AIDS-Patienten. Vormittags ging es dann aber immer zuerst in die Klinik, um die Wunden der Leprapatienten zu versorgen, danach in die Schule, um dort mit unserer 5. Klasse Englischunterricht zu machen und nachmittags haben wir dann mit unseren AIDS-Patienten gemalt oder gebastelt, mit den Jungs im Kinderheim versucht, Kricket zu spielen (ich habe die Regeln bis heute noch nicht wirklich verstanden) oder haben mit den „Leprajungs“ Fußball gespielt. Zwischendrin sind wir dann auch immer mal wieder in die Stadt zum Einkaufen gefahren, wobei uns die indischen Händler immer lieber als die Markenläden waren oder haben uns auf eine kleine Reise begeben.

Und so vergingen Stunden, Tage und Wochen... man hat sich schon lange an dreimal täglich Reis gewöhnt. Man hat sich daran gewöhnt, dass die Wäsche mit der Hand gewaschen werden muss, dass man schnell sein muss um nicht 20 Minuten zu brauchen, bis man die Straße überqueren kann. Man wird sehr viel geduldiger, denn in Indien spielt Zeit nur eine sehr untergeordnete Rolle und wenn man mal 30 Minuten auf jemand wartet, ist das kein Problem, sondern normal. Es wird auch normal, dass Reichtum und Armut in direkter Nachbarschaft wohnen und dass Müllentsorgung gleichbedeutend mit „alles auf die Straße oder in den Fluss werfen“ ist. Man beantwortet die Frage, ob die Hand die bessere Gabel ist mit JA und fühlt sich in diesem ganzen indischen Chaos, das man als Nicht-Inder wohl auch nie wirklich ordnen kann, wohl – so erging es zumindest Clara und mir, was nicht zuletzt daran lag, dass wir uns bei den Claretinern immer sehr umsorgt und aufgehoben gewusst haben.

Und so war Indien nicht nur eine Zwischenstation zwischen Schule und Studium, sondern wurde zu einer zweiten Heimat, die uns unvergessen bleibt und an die wir immer sehr gerne zurückdenken.

Ursula

 

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